während seiner Zeit als Bankenaufseher bei der Deutschen Bundesbank gestaltete Andreas Dombret aktiv die Bankenregulierung mit. Den Banken legte er damit Fesseln an, den Kreditfonds den Grundstein für ihr rasantes Wachstum in den Folgejahren, speziell im riskanten Leveraged-Finance-Geschäft, wo das Klagen der Banken über die Regulierung besonders laut war. Heute berät Dombret Banken und soll demnächst außerdem Chefaufseher der kriselnden Neobank N26 werden, wo sich die Management-Stühle gerade schneller drehen als jedes Kirmes-Karussell.
Unsere Themen heute:
Private-Credit-Renditen unter Druck (Story der Woche)
Wie gefährlich ist der Private-Credit-Boom, Herr Dombret? (Podcast)
Neuer Zooplus-CEO (Kopf der Woche)
Neues von Permira, PGIM Real Estate und Simcorp (Weitere News)
Wir wünschen viel Gewinn beim Lesen!
Ihr Philipp Habdank
DIE STORY DER WOCHE
Wealth-Ambitionen von Private Credit bergen Fallstricke
Unter Amerikas Privatanlegern breitet sich eine beispiellose Goldgräberstimmung aus. So ziehen Private-Credit-Fonds im laufenden Jahr im Rekordvolumen Mittel von vermögenden Individualinvestoren an: Die Zuflüsse beliefen sich in der ersten Hälfte 2025 laut der Investmentbank R.A. Stanger auf 48 Mrd. Dollar. Dies übertrifft bereits den gesamten Zustrom des Jahres 2023 – und die Vehikel liegen auf Kurs, die 2024 aufgestellte Allzeit-Bestmarke von 83,4 Mrd. Dollar zu knacken.
Doch lauern auf diesem Wachstumspfad mehrere Fallstricke. Denn dass Privatanleger, die gegenüber großen Institutionen Informationsnachteile haben, für zunehmend riskantere Anlagen begeistert werden sollen, weckt bei Ökonomen Sorgen um die Finanzstabilität. Schließlich sind Debt-Investitionen über Intermediäre ohne Einlagengeschäft im Gegensatz zum klassischen Bankensektor in den USA bisher kaum reguliert und gelten für den Großteil der Marktteilnehmer als vollkommen intransparent. Auch Ratingagenturen wie Moody's, Fitch und S&P verfügen bisher über keine einheitlichen Rahmenwerke, anhand derer Investoren Kreditrisiken an den Private Markets fundiert bewerten könnten.
Viel konkreter als das düstere Stabilitätsrisiko ist die Warnung von Branchenvertretern um den Chicagoer Spezialisten Adams Street Partners, demzufolge die Ambitionen im Geschäft mit reichen Individualinvestoren für Private-Credit-Manager nach hinten losgehen könnten. Die „Hyperscaler“ des Sektors, die ihre Investorenpools im Wealth Management über das vergangene Jahrzehnt massiv ausgebaut hätten, liefen dabei Gefahr, Kreditrisiken im Markt zu verschärfen und letztlich die Renditen für ihre Bestandsinvestoren auszuhöhlen.
Große börsennotierte Private-Credit-Manager versuchen das Wealth-Segment üblicherweise über Business Development Companies (BDCs) anzuzapfen. „Bei vermögenden Investoren, ihren Privatinvestoren und ihren Finanzberatern sind BDCs beliebt geworden, weil sie üblicherweise steuerlich weniger komplex sind und ein einfacheres Liquiditätsmanagement mit unmittelbaren Cash-Renditen bieten als Drawdown-Fonds“, heißt es bei Adams Street. In der Folge sei der Markt für fortlaufende BDCs dramatisch gewachsen. Im ersten Quartal hätten diese Vehikel Netto-Vermögenswerte im Umfang von 128 Mrd. Dollar angehäuft, wobei 72% auf die größten sechs Produkte von börsennotierten Anbietern entfielen.
Die Manager hinter den vier größten dieser Vehikel müssten heute durchschnittlich 23 Mrd. Dollar pro Jahr in neue Anlagen stecken, um ihre Fonds vollständig investiert zu halten. Dabei seien die Mittel aus Co-Investments mit institutionellen Fonds und einzeln verwalteten Sondervermögen noch gar nicht eingerechnet. Die größte BDC müsse nach Schätzungen von Adams Street sogar 43 Mrd. Dollar pro Jahr investieren, dies entspreche rund 27% des jährlichen Mittelflusses im amerikanischen Direct-Lending-Markt. In diesen Größenordnungen werde es zunehmend schwierig, noch die erwartet hohen Renditen zu erreichen. Vielmehr „kann sich das Risiko, Kapital in Assets niedriger Qualität zu stecken, die mit höherer Wahrscheinlichkeit durchschnittliche oder sogar noch schlechtere Renditen abwerfen, bedeutend erhöhen“, betonen Diehl und Konsorten.
Blackstone und andere Anbieter haben zuletzt gewaltige Lobby-Anstrengungen unternommen, um Barrieren für den Eintritt von Privatanlegern in die Assetklasse abzubauen. US-Präsident Donald Trump hat mit einem Anfang August unterzeichneten Exekutivbeschluss die Voraussetzung für die Aufnahme privater Assets und illiquider Vermögenswerte in sogenannte „401(k) Plans“ geschaffen. Mittel aus den insgesamt rund 9 Bill. Dollar schweren Altersvorsorgeplänen, über die Amerikaner Teile ihres Gehalts mit Arbeitgeberzulage investieren können, fließen bisher überwiegend in klassische Investmentfonds. Blackstone, Apollo Global und Konsorten jubeln: Ein Zugang zu 401k-Geldern gilt für sie als „heiliger Gral“ – als Chance, nach der Wall Street auch den Mainstream der amerikanischen Volkswirtschaft zu erobern.
Noch haben die Vehikel der „Hyperscaler“ keine echte Verwerfung im Markt durchgemacht, durch die das Volumen der Anteilsrücknahmen jenes der Zuflüsse überstiegen hätte. Bei privaten Real Estate Investment Trusts hätten sich die Gefahren einer solchen Dynamik aber bereits gezeigt. Diehl und seine Co-Autoren spielen dabei auf die Krise beim Blackstone Real Estate Income Trust und Konkurrenzprodukten von KKR und Starwood Capital an. Diese mussten nach einem gewaltigen Mittelabzug vermögender Individualinvestoren ab Ende 2022 harte Auszahlungslimits verhängen. Im Fall von Blackstone brauchte es eine milliardenschwere Kapitalinfusion des Investmentarms der University of California, um die Lage zu stabilisieren. „Sollten BDCs auf ähnliche Probleme stoßen, müssten sie möglicherweise Assets zu einem Discount abstoßen“, kommentieren die Adams-Street-Strategen. Dies könne Einfluss auf die Bewertung ähnlicher Vermögenswerte in institutionellen Fonds haben.
+++Wer beim IPO in Teamviewer investiert hat, hat Stand jetzt Geld verloren. Für den Finanzinvestor Permira hat sich das Engagement bei der schwäbischen Softwarefirma dagegen extrem gelohnt. Nach dem Ausstieg hat Permira insgesamt 5 Mrd. Euro verdient. (zum Artikel)+++
+++Der Sekundärmarkt für Private-Market-Investments wächst und wächst. Im ersten Halbjahr erreichte das Dealvolumen der Investmentbank-Boutique Jefferies zufolge mit 103 Mrd. Dollar einen neuen Rekord. +++
+++Das erst vor zwei Jahren gegründete französische KI-Einhorn Mistral ist laut Bloomberg auf bestem Wege, eine Bewertung von 12 Mrd. Euro zu erzielen. Mistral schließe gerade eine Finanzierungsrunde über 2 Mrd. Euro ab und untermauere dadurch seine Position als eines der wertvollsten Techunternehmen Europas, berichtet die Nachrichtenagentur.+++
+++Im Rennen um die Vorherrschaft im Quanten-Zeitalter erhalten europäische Wettbewerber wie IQM, Quantinuum, Multiverse Computing oder Alice & Bob gerade frischen Treibstoff. Sie alle haben in Finanzierungsrunden gerade dreistellige Millionenbeträge eingesammelt. IQM wurde dabei laut Medienberichten mit mehr als 1 Mrd. Dollar bewertet, Quantinuum kommt nun sogar auf eine Bewertung von 10 Mrd. Dollar.+++
+++Kreditfonds gewinnen am Immobilienmarkt an Bedeutung, sagt Sebastiano Ferrante von PGIM Real Estate. Der Vermögensverwalter lege inzwischen seinen achten Kreditfonds auf. In Deutschland dürfte der Assetmanager inzwischen fast 1 Mrd. Euro für Mezzanine und Senior-Debt-Finanzierungen eingesammelt haben. Diese Summe werde weiter steigen, da bei vielen Objekten Refinanzierungen anstünden, die Banken nicht mehr zu leisten bereit seien. (zum Artikel)+++
+++Die Deutsche Börse übernimmt über ihre Spezialsoftware-Tochter Simcorp den französischen Wettbewerber Domos FS, um im institutionellen Geschäft abseits der Börse stärker zu wachsen. (zum Artikel)+++
DER KOPF DER WOCHE
Lionel Desclée
Der Börsenkandidat Zooplus bekommt einen neuen Chef. An die Spitze des Online-Händlers für Heimtierbedarf rückt der Belgier Lionel Desclée. Er werde als CEO und Mitglied des Vorstandes mit Wirkung zum 15. September 2025 berufen, teilte Zooplus am Mittwoch in München mit, ohne den Vorgänger, den seit zehn Monaten amtierenden Interimschef und CFO Steffen Schüller oder die Gründe für den Führungswechsel zu nennen.
Nach einem nervenaufreibenden Bietergefecht hatten 2021 der Finanzinvestor EQT und der Rivale Hellman & Friedman Zooplus für 3,7 Mrd. Euro übernommen. Das entsprach damals dem 58-Fachen des operativen Gewinns (Ebitda) – ein stolzer Preis, den EQT-Partner Johannes Reichel verantwortete. Entsprechend schwierig könnte es werden, sich gewinnbringend wieder von dem Investment zu trennen.
Der langjährige CEO Cornelius Patt hatte Zooplus schon im November 2022 verlassen, nachdem er das Unternehmen 1999 mitgegründet hatte und seit 2006 CEO war. Nach seinem Abgang wurde Geoffroy Lefebvre zum neuen CEO ernannt, der das Amt im November 2024 jedoch wieder niederlegte. Bis jetzt hatte die Funktion kommissarisch CFO Schüller inne.
Vorbild für Zooplus ist der in Familienbesitz befindliche Konkurrent Fressnapf, an dem neben Gründer Torsten Toeller auch Cinven beteiligt ist. Eine Größenordnung wie bei Fressnapf würde den Firmenwert vor einem Verkauf deutlich steigern. „Entweder wir verkaufen Zooplus an einen der Konkurrenten, der dafür infrage kommt“, sagte Reichel im April 2024. „Oder es wird ein IPO.“ So oder so, eine schwierige Aufgabe für Desclée.
Andreas Dombret begann seine Karriere bei der Deutschen Bank. Anschließend arbeitete der Deutsch-Amerikaner lange für die US-Investment J.P. Morgan in London und Frankfurt und war zudem Deutschlandchef der Bank of America. Auch für die Investmentbank-Boutique Rothschild war Dombret als Co-Sprecher der Geschäftsleitung in Deutschland tätig.
Nach der Finanzkrise wechselte der Bankmanager dann die Seiten. Er ging zur Deutschen Bundesbank und schaute den Banken kritisch auf die Finger. Als Bankenaufseher wirkte er am “Basel-Paket” mit – also jenes Regulierungsrahmenwerk, über das die Banken bis heute nicht müde werden, ihr Leid zu klagen und das den nicht ganz so streng regulierten Kreditfonds einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Eine Station bei einem Kreditfonds fehlt in Dombrets Vita bislang noch, auch wenn es dahingehend in der Vergangenheit durchaus konkrete Überlegungen gab. Aus bestimmten Gründen habe sich das dann aber nicht materialisiert, wie Dombret im Podcast erzählt.
Um die Finanzstabilität macht sich der ehemalige Bankenaufseher noch keine großen Sorgen. Bislang hätten die Kreditfonds zur Finanzstabilität beigetragen. Verglichen mit der Finanzkrise, sei heute zudem deutlich transparenter, wo die Risiken lägen. Auch über die Verflechtungen zwischen Banken und Kreditfonds sei die Aufsicht gut im Bilde. Dombret warnt jedoch vor Übertreibungen und weist darauf hin, dass im Private-Credit-Markt bislang mit institutionellen Investoren Profis am Werk gewesen seien. Die Öffnung der privaten Märkte für Privatanleger könnte das Spiel verändern.
Über all das und noch mehr spricht Dombret in der aktuellen Episode von Beyond Billions. Jetzt überall dort verfügbar, wo es Podcasts gibt.
Vom 20. bis 23. Oktober trifft sich die deutschsprachige Private Markets Community in Kronberg vor den Toren Frankfurts zur ersten Private Markets Week der Börsen-Zeitung. Mit dabei sind Christian Schaefer von Goldman Sachs Asset Management, Christian Alexander Schmid von der Helaba, Michael Theurer von der Bundesbank und viele mehr. Hier geht's zum Programm und zur Anmeldung
SOCIAL NETWORK
Börsen-Zeitung
Börsen-Zeitung – eine Marke der Herausgebergemeinschaft WERTPAPIER-MITTEILUNGEN Keppler, Lehmann GmbH & Co. KG
Kontakt
Leserservice der Börsen-Zeitung | Sandweg 94 | 60316 Frankfurt am Main | Hessen